Mittwoch, 15. Dezember 2010
Frustgeblubber.
Morgens noch Schnee und ein extra langer Marsch zur Arbeit, alldieweil Herr Katz mir trabenden Schrittes folgt und ich umkehren muss, damit er nicht bis zur Hauptstraße nachläuft. Also nehme ich einen Umweg durchs Dorf. Bis hierhin noch alles im grünen Bereich.
Über Arbeit, also die mit der ich mein tägliches Brot verdiene - heute Früh waren es übrigens zwei Nutellabrote - rede ich für gewöhnlich gar nicht. Das habe ich sicher von meiner Mutti. Die hat auch nie von der Arbeit gesprochen. Was da passiert, lässt man einfach über sich ergehen, es ändert an nichts etwas, wenn man abends zu Hause darüber jammert.
Mit wem sollte ich auch darüber reden? Mit der Katze? Dem ist es egal, ob heute bei einem Lean-Assessment ein Score von 3,5 oder 1,4 herauskam. Es ändert auch für ihn nichts. Er bekommt so oder so sein Futter und seinen Willen sowieso.
Der Tag war - sagen wir es einmal so - nicht sonderlich erfolgreich verlaufen. Die Arbeit von Monaten einfach so in Grund und Boden gescored. Freilich mit Aussicht auf Verbesserungen. Mit vielen gut gemeinten Ratschlägen. Ja, sogar Lob gab es. Für eine schön vorbereitete Präsentation. Na, wenn das nichts ist. Wenigstens der Trost, dass diese Arbeit nicht völlig für die Katz' war. Schwacher Trost, aber immerhin. Man nimmt, was man kriegen kann. Und schließlich weiß man dann: Die Arbeit geht einem das nächst halbe Jahr nicht aus. Packen wir es also an. Es kann nur besser werden. Wir arbeiten an ständiger Verbesserung und solven unsere problems demnächst also mit A3... und zwar wir alle. Wenn alle problems gesolved sind und alles im Six Sigma Bereich, dann sind wir arbeitslos. – Mit ein wenig gesundem Menschenverstand weiß man jedoch: Das wird nie der Fall sein. Wäre ich gehässig, würde ich ja nun behaupten: Das mit dem gesunden Menschenverstand, das widerspricht allen vorliegenden policys, nach denen wir zu Arbeiten angehalten sind. Aber ich bin ja nicht gehässig, nur gefrustet. Und trotzdem ist es ärgerlich, wenn man Tag für Tag gegen den gesunden Menschenverstand arbeiten muss. Die Konsequenz? Was ist das Gegenteil von gesund? Krank! Ergo kränken wir unseren Menschenverstand. Auf gut Deutsch: Wir arbeiten uns krank. Das ist ernster als es in dem Zusammenhang klingt. Doch Messmittel oder Messgrößen dafür existieren nicht. Die Gesundheit der Mitarbeiter steht ja an oberster Stelle. Die schützen wir mit Schutzbrillen und Sicherheitsschuhen. Unser Verstand bleibt unbeachtet … bis wir ihn vielleicht sogar verlieren...
Wenn ich noch einmal auf die Welt komme, so nehme ich mir vor, aber das habe ich schon oft gesagt und es hilft ja nix, wenn man leider nun mal schon auf der Welt ist und Änderungen nicht einfach so herbeizuführen sind, - also, wenn ich noch einmal auf die Welt komme... Halt, da fällt mir ein, was mein Kollege Hans neulich geantwortet hat, als ich die Frage in seine Richtung geworfen habe: "Hans, was würdest Du werden, wenn Du noch einmal auf die Welt kämst?" - Keine Sekunde dauerte es bis zu seiner Antwort, die kam wie aus der Pistole geschossen: "Lottomillionär!". --- Da kannste mal sehen! So ein "Kaufleut" ist als gar nicht einmal so dumm, der weiß, was er will. Arbeiten jedenfalls nicht.
Wenn ich noch einmal auf die Welt komme, das habe ich mir fest vorgenommen, mache ich einen Bogen um Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement. Ich werde nur noch Vorrichtungen und Werkzeuge konstruieren und dann auch gar nicht mehr meckern, wenn die Leute immer dann, wenn etwas fertig auf dem Papier ist, mit Änderungswünschen und Verbesserungen kommen. Ich schwör', ey!

Diesen Beitrag widme ich meinem Kollegen Jürgen, der hier ab und an mitliest. Ich nehme stark an, wir trinken vor Weihnachten noch einen (Cappucchino) auf den lustigen Verein, der uns für all diese netten Lebenserfahrungen die uns so widerfahren sogar bezahlt.


PS. In Gedanken notiere ich noch eilig: Muss morgen unbedingt mal wieder Lotto spielen.

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