Montag, 21. November 2011
Tatort (# 817) aus Frankfurt – „Der Tote im Nachtzug“ Fall #2 für Steier / Mey.

Zweiter Tatort aus Frankfurt. Schon wieder kein richtiger Mord! Dafür Gesetztesvergehen seitens der Ermittler am laufenden Band.

Entschuldigen Sie bitte, falls Sie diesen Tatort nicht gesehen haben, die Überschrift ist ein fieser Spoiler, ich weiß… Sie dürfen mich gerne beschimpfen.

Worum geht’s!?
Ein Mann wird im Nachtzug aus Warschau tot aufgefunden. Erschossen. Ermordet? Davon gehen die Ermittler zumindest aus. Ein Mann flüchtet nämlich aus dem Zug…


Diesmal spezialisiere ich mich auf etwas Korinthenkackerei, was den Bezug zur Realität so eines Tatort-Falles betrifft.

Fehler #1. Klassisches Zuständigkeits-Problem.

Der Zug hält in Frankfurt, also wird die dortige Kripo den Fall bearbeiten. So denkt sich Lieschen Müller das mit Sicherheit auch. Die Kripo, das ist Landespolizei. Alles was mit oder in der Bahn (also in einem Zug) geschieht ist jedoch strikte Zuständigkeit der Bundespolizei. Genannte Behörde würde den Fall mit Sicherheit an die Lapo abgeben, doch zunächst würde es auf den Gleisen und im Zug anders zugehen, als in diesem Tatort gesehen.

Auch wenn im Verlauf der Handlung Steier und Mey - ohne Warnweste und einfach so! – auf den Gleisen herumlaufen um die Tatwaffe zu suchen, muss man mit dem Kopf schütteln. Man, man, man … schon mal etwas von Vorbildfunktion gehört?

(Der Plot wäre auch nicht aufgegangen, wenn man hier die wirklcih zuständigen Beamten die Waffe hätte suchen und finden lassen. Soweit auch klar…)

Fehler 2 Schwere Körperverletzung unter den Tisch gekehrt!

Eine Horde Bundeswehr-Beamte (Feldjäger) greifen auf offener Straße eine Polizistin tätlich an. Ich glaube, man kann das schwere Körperverletzung nennen. Daraufhin setzt sich die Polizei mitsamt zuständigem Staatsanwalt mit den Tätern (=Feldjägern) zusammen und kehren diesen Straftatbestand, nach ein paar emotionalen Ausrastern der Angegriffenen, unter den Tisch. – Ja, wo gibt’s denn sowas? Womöglich glauben die Leute (Zuschauer) den Mist ja noch… Schlimmer als Hollywood, wenn Sie mich fragen.

Fehler #3 – besonders peinlich:

(Vielleicht ja so gewollt?) Der Bundeswehr-Gruß mit der Hand zum Kopf - ohne Kopfbedeckung - des Bundeswehr-, bzw. Feldjäger-Schönling-Seppls ist wieder so ein schlechter Witz.
Aber den notgeilen Vogel kann man eh nicht ernst nehmen, wenn er der erstbesten Gelegenheit die Frau Kommissarin besteigt und ihr dann auch noch alle Details über die Ermittlungen in Sachen des Ermordeten, berichtet.


Authentizität, quasi Fremdwort für Tatort-Drehbücher.

Wenn Tatort-Drehbuchautoren oder Produzenten oder Regisseure (ich hab ja keine Ahnung, wer letztendlich dafür zuständig ist) wenigstens hin und wieder ihre Fälle von Experten überprüfen lassen würden! Dann würden solche eklatanten Fehler, wie in diesem Tatort erst gar nicht passieren.

Im Zusammenhang mit den bisher erwähnten Rechtsvergehen, nimmt es nicht Wunder, wenn auch das Ende ein mustergültiges Beispiel in Sachen Selbstjustiz ist.

Hatte ich schon mal das Wort Vorbildfunktion in meiner Kritik untergenbracht? Ja, aber interessiert wohl niemand wirklich, nicht?

Der Tatort hat meines Erachtens durchaus eine Vorbild-Funktion.

Wenn dann beim Zuschauer aber Recht und Gesetz als nach Lust und Laune interpretierbare Farce rüberkommt, so ist das mehr als ärgerlich.

So schön, idyllisch und menschlich Steier und Mey die Sache mit dem Versicherungsbetrug unter den Tisch kehren, so ärgerlich!

Wenn das Bewusstsein des Zusehers dahingehend geschärft wird, dass das Gesetz nach Empfinden – sei es so nobel wie es in diesem Fall dargestellt war – gebeugt werden kann, so ist das schlichtweg der falsche Weg, der hier beschritten wird.

Dann doch lieber wieder lieber die Professor Börne-Slapstik Komödie, da weiß man, dass man das nicht ernst nehmen kann...

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